ARTIKEL - GEDULDSPROBE AUF DEM ARBEITSWEG

Neuer Fahrplan, Bahnhofsbau: Auf die PendlerInnen rollen neue Belastungen zu. Mehr Pünktlichkeit, besseren Service und klare Infos fordert die AK.

Geübte Pendler und Pendlerinnen trinken morgens weniger Kaffee, weil sie wissen, dass im Zug die WCs entweder gesperrt oder besetzt sind. Geübte Pendler und Pendlerinnen kennen die Fahrpläne „ihrer“ Züge und Busse und die Ausweichmöglichkeiten auswendig. Aber das hilft ihnen nichts, weil sie Informationen über Zugausfälle oder Verspätungen selten rechtzeitig bekommen. Und geübte Pendler und Pendlerinnen stellen sich und ihre Familien pünktlich zum Fahrplanwechsel der ÖBB darauf ein, dass schon wieder alles anders wird, weil wieder Züge ausfallen.

Baustelle Südbahnhof
 So zum Beispiel Elfriede Maierhofer. Die Sprachheilpädagogin pendelt dreimal die Woche vom burgenländischen Nickelsdorf 70 Kilometer nach Wien: Aufstehen um 5.30 Uhr, 50 Minuten mit dem Zug und rund 35 Minuten vom Südbahnhof bis zur Schule. Mit dem Fahrplanwechsel wird der Zug gestrichen, der sie um 13.46 Uhr genau passend zum Abholen der Kinder nach Hause bringt. Dann muss sie ihren gesamten Alltag und den ihrer Familie wieder einmal der Bahn anpassen.

„Ihr“ Bahnhof ist der Südbahnhof. Doch der wird im Zuge des Baus des neuen Hauptbahnhofs ab dem 13. Dezember zum großen Teil abgerissen. Die Fernzüge werden gemeinsam mit vielen Pendlerzügen am Bahnhof Meidling enden. Dort werden dann 100.000 statt 60.000 Fahrgäste täglich ein- und aussteigen.
Vom alten Südbahnhof bleiben nur wenige Gleise entlang des „Provisoriums Ostbahnhof“. Dort werden sich dann morgens noch etwa 5.000 bis 6.000 PendlerInnen drängen. „Schon jetzt sind die Umsteigewege am Südbahnhof wegen erster Absperrungen enger und länger geworden. Das heißt für mich: Ich muss noch mehr Zeit einplanen, um pünktlich zu sein“, sagt sie.

„Es ist richtig, dass das Schienennetz modernisiert und der Hauptbahnhof gebaut wird. Aber die Berufspendler und -pendlerinnen dürfen jetzt nicht mit den damit verbundenen Beschwerlichkeiten am Bahngleis stehen gelassen werden“, fordert AK Präsident Herbert Tumpel. Die AK setzt sich deshalb laufend für Verbesserungen in den Provisorien und für bessere Anschlussverbindungen ein. Wer kann, sollte möglichst die „Nadelöhre“ Meidling oder das Provisorium Ostbahnhof meiden.

Weniger Züge

Gleichzeitig mit dem Abriss des Südbahnhofs tritt der neue Winterfahrplan in Kraft. Der bringt einige Verbesserungen – so wird die Strecke Neusiedl-Eisenstadt-Wulkaprodersdorf künftig 20 Minuten schneller, die S50 wird auf der Westbahn bis Rekawinkel verlängert. Aber auch wieder Zugstreichungen. So werden etwa, bedingt durch die vielen Baustellen, deutlich weniger Schnellbahnzüge durch Wien von Nord nach Süd durchfahren. In Richtung Liesing fährt stündlich eine S-Bahn weniger.

„Wenn der Fahrplan wenigstens eingehalten würde“, meint Johann Reichart aus Neunkirchen. Damit er morgens pünktlich bei Siemens in Wien anfangen kann, verlässt er um 5.30 Uhr sein Haus, fährt er täglich eine Stunde und 40 Minuten und muss dabei viermal umsteigen. „Wenn da ein Zug unpünktlich ist, habe ich bei allen drei Anschlüssen ein Problem“, sagt er. „Vor allem die Infos für die Fahrgäste müssen besser werden“, fordert er. „Oft stehe ich wie blöd am Bahnsteig und weiß nicht, ob mein Zug noch kommt oder nicht.

Zurück ins Auto

Erhard Steindl hat inzwischen die Nase voll: Er war 33 Jahre lang treuer Bahnkunde auf der Strecke St. Pölten-Wien. Mit den Fahrplanänderungen der vergangenen Jahre hat sich seine Fahrtzeit bis zur Firma auf über zwei Stunden pro Strecke verlängert. „Dazu kamen dann noch dauernd Verspätungen. Ich bin frustriert aufs Auto umgestiegen“, sagt er. „Vielleicht wird’s besser mit dem neuen Hauptbahnhof, aber der ist ja erst in ein paar FahrplanänderunJahren fertig. Solange fahre ich mit dem Auto.“

Die Pendler und Pendlerinnen haben in den vergangen Jahren viel einstecken müssen. Jetzt muss Schluss sein. Weitere Belastungen gehören aufs Abstellgleis“, so Tumpel. „Die Bahn muss die PendlerInnen als KundInnen ernst nehmen, pünktlicher werden und besser informieren.“

Kundendienst gefragt

Der Projektmanager Michael Wildmann pendelt von Mauerbach in die Gudrunstraße im 15. Bezirk mit Postbus und S.Bahn und steigt dabei dreimal um. Aus der üblichen Stunde Fahrtzeit werden immer öfter 90 Minuten.
„Ich weiß auch, dass nicht jede Verspätung vermieden werden kann. Aber wenn man die Fahrgäste besser informieren würde, könnte ich leichter ausweichen und wäre schneller zu Hause“, meint er. „Ich bin ein Dauerkunde, werde aber so nicht behandelt. Ich habe mich schon oft bei der Bahn beschwert und bekomme immer nur die gleiche, vorgefertigte Antwort.“

Tipp Gut vorbereitet auf Fahrplanwechsel und Bahnhofsumbau

Mit dem 13. Dezember müssen sich die Pendler und Pendlerinnen auf Änderungen im Fahrplan einstellen. Gleichzeitig fällt mit dem Abriss des Südbahnhofs ein wichtiger Pendler-Bahnhof in Wien weg. Die Bahnhöfe Meidling und das Provisorium Ostbahnhof übernehmen dann die ankommenden Züge. Dort aber dürfte es dann vor allem zu Stoßzeiten eng werden. So können Sie sich vorbereiten:

PendlerInnen von der Ostbahn können ausweichen und schon an der Station Grillgasse aussteigen oder in Simmering in die U3 wechseln. Schon im Vorfeld des Fahrplanwechsels können Sie die Änderungen ab dem 13.Dezember im Internet unter www.oebb.at abfragen. Am 11. Dezember verteilt die AK Wien den neuen auf die Fahrplanänderungen abgestimmten Pendlerfahrplan auf allen wichtigen Pendlerbahnhöfen.

Den Pendlerfahrplan der AK Wien können Sie auch bestellen unter der Bestelltelefonnummer 310 00 10 392
Elfriede Maierhofer pendelt dreimal die Woche von Nickelsdorf nach Wien. Mit dem Fahrplanwechsel soll der 13.46-Uhr-Zug gestrichen werden, mit dem sie passend zum Kinder abholen wieder zu Hause ankommt: „Für viele Pendlerinnen, die Teilzeit arbeiten, war das eine wichtige Verbindung. Wir sind Stammkundinnen. Die Bahn sollte auf unsere Bedürfnisse Rücksicht nehmen“

Johann Reichhart fährt täglich von Neunkirchen bis Wien Meidling und muss dabei viermal umsteigen: „Wenn nur ein Zug unpünktlich kommt, passt gar nichts mehr. Wenigstens gut informieren könnte die Bahn“, findet er. Erhard Steindl war 33 Jahre treuer Bahnkunde auf der Strecke St. Pölten-Wien. Doch seit sich seine Fahrtzeit nach Fahrplanstreichungen verdoppelt hatte, ist er aufs Auto umgestiegen. „Vielleicht wird’s mit dem neuen Hauptbahnhof besser. Das dauert aber noch Jahre.“

Michael Wildmann ist wie viele Pendler ein „Anschluss-Experte“ für „seine“ Strecke von Mauerbach in den 15. Bezirk. „Wenn ich wüsste, wo es Ausfälle oder Verspätungen gibt, könnte ich gut ausweichen. Aber die Infos gibt es einfach nicht...“

AK Wien